Wahnwitzige Bauprojekte und Gigantismus
„Unter ökologischem Reisen stellen wir uns wirklich etwas anderes vor als diesen viertägigen Trip nach Dubai, zu dem die 80 Gewinner von SWR3 heute aufbrechen“, ärgert sich Isabel Hoever, Vorsitzende des Landesjugendrings Baden-Württemberg. „Dubai ist ja nicht das Paradebeispiel für nachhaltigen Tourismus, sondern steht für wahnwitzige Bauprojekte und Gigantismus“, sagte Hoever. „Auch wenn die Aktion nun nicht mehr ‚Elch und weg‘ heißt, bleibt doch die ‚Ex und Hopp‘-Mentalität der Reise erhalten“, ergänzte Hoever.
Die Vollversammlung des Landesjugendrings hatte im April 2010 in einem Beschluss gefordert, SWR3 solle als öffentlich-rechtlicher Sender auch bei seinen Reisegewinnspielen auf die Qualität seiner Angebote achten und auf „nachhaltigen sanften Tourismus“ setzen: „Als Reisende tragen wir Verantwortung für die Umwelt und gesellschaftliche sowie kulturelle Veränderungen in den Zielregionen“, heißt es in dem Beschluss. Gleiches wünschen sich die jungen Menschen im Landesjugendring vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der auch in dieser Hinsicht seinen Bildungsauftrag wahrnehmen sollte.
Im Hörfunkausschuss und im Rundfunkrat des SWR sowie in verschiedenen Schreiben wurde das Thema seither diskutiert und vom SWR Entgegenkommen signalisiert. SWR-Hörfunkdirektor Bernhard Hermann versicherte in einem Brief im Juni, dass SWR3 „um größtmögliche Umweltverträglichkeit bemüht“ sei. Die Zahl der Reisen sei bereits von sieben auf drei jährlich verringert worden und SWR3 habe bei allen Gewinnaktionen die Umweltfolgen mit auf der Rechnung, schrieb Hermann.
Nur wenige Wochen später reisen nun 80 SWR3-Hörerinnen und Hörer nach Dubai und das Emirat Ras Al-Khaimah. Die im Hörfunkausschuss zugesicherten Informationen für HörerInnen zu den Umweltbelangen der Reisen lassen sich auf der SWR3-Homepage nicht finden. Stattdessen wird Dubai dort mit vielen Superlativen gepriesen: „Größer, höher, prunkvoller: So ließe sich Dubai wohl in Kürze charakterisieren. Dubai ist immer ein bisschen mehr“ ist auf der Internetseite zu lesen und in der Presseerklärung vom „weltweit höchsten Gebäude, schnellsten Aufzug, größten Einkaufszentrum“.
Den Gewinnern der Dubai-Reise sei eine schriftliche Information zu den Umweltbelangen einer solchen Reise übergeben worden, hieß es nun in der Sitzung des Hörfunkausschusses vergangene Woche. Daneben wurde betont, dass es sich bei dieser Reise erneut nicht nur um ein Spaßangebot handele, sondern man die Reisenden und die SWR3-Hörer zu Hause zu verschiedenste Themen (Gesellschaft, Kultur, etc.) über Dubai informieren werde. Dazu ist in der bisherigen Darstellung im Online-Angebot kaum etwas zu finden. „Nachdem in verschiedenen Sitzungen und Schreiben betont worden war, wie wichtig dem SWR die Umweltthematik sei, ist das Ergebnis nun mehr als ernüchternd“, resümiert Hoever.
Der Landesjugendring ist die Arbeitsgemeinschaft von 28 Jugendverbänden auf Landesebene und von den Orts-, Stadt- und Kreisjugendringen in Baden-Württemberg. Er vertritt die Interessen von rund einer Million Kindern und Jugendlichen.
Verantwortlich: Isabel Hoever